Kündigung wegen Eigenbedarf: Was ist erlaubt?

Wann dürfen Vermieter wegen Eigenbedarf kündigen? Voraussetzungen, gültige Gründe, Fristen, Formvorgaben und typische Fehler im Überblick.
Für viele private Vermieter ist der Eigenbedarf einer der wenigen rechtlich zulässigen Gründe, ein Mietverhältnis zu kündigen. Doch Fehler in der Begründung oder Form können schnell dazu führen, dass die Kündigung unwirksam wird — oder sogar zu Rechtsstreitigkeiten führt.
In diesem Artikel erfahren Sie klar und verständlich, wann eine Eigenbedarfskündigung erlaubt ist, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wie Sie die Kündigung rechtssicher formulieren.
Was bedeutet "Eigenbedarf" überhaupt?
Eine Eigenbedarfskündigung erlaubt es Vermietern, ein Mietverhältnis zu beenden, wenn sie die Wohnung für sich selbst oder nahe Angehörige benötigen.
Wichtig: Es muss ein konkreter und nachvollziehbarer Bedarf bestehen — reine Vermietungsstrategie oder Gewinnoptimierung zählen nicht als Eigenbedarf.
Wer zählt als berechtigte Person bei Eigenbedarf?
Folgende Personen dürfen Eigenbedarf geltend machen:
Berechtigte Personen
- ✅ Sie selbst (als Vermieter)
- ✅ Partner/Ehepartner/Verlobte
- ✅ Kinder, Enkel, Stiefkinder
- ✅ Eltern, Großeltern
- ✅ Geschwister
- ✅ Pflegekräfte (in besonderen Fällen)
Nicht berechtigte Personen (in der Regel)
- ❌ Cousins / Cousinen
- ❌ Entfernte Verwandte
- ❌ Freunde / Bekannte
- ❌ Geschäftliche Beziehungen
Merke: Je enger die Beziehung, desto leichter ist die Begründung vor Gericht durchsetzbar.
Voraussetzungen für eine rechtssichere Eigenbedarfskündigung
Damit die Kündigung gültig ist, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
1. Eigentumsverhältnis muss eindeutig sein
Der Kündigende muss tatsächlich:
- Eigentümer
- Berechtigter Miteigentümer
- Oder rechtsmäßiger Verfügungsberechtigter sein
2. Konkreter Nutzungswunsch
Allgemeine Formulierungen wie „Wir brauchen mehr Platz" reichen nicht aus.
Beispiele für gültige Gründe:
- Beruflicher Umzug
- Familienzuwachs
- Trennung vom Partner
- Pflege eines Angehörigen
- Gesundheitliche Gründe
3. Kein vorgeschobener Eigenbedarf
Vermieter müssen glaubhaft darlegen, warum genau diese Wohnung benötigt wird. Die Begründung muss nachvollziehbar und realistisch sein.
4. Keine frei erfundene Nutzungsperspektive
Vermieter müssen ernsthaft planen einzuziehen. Man muss zwar nicht sofort einziehen, aber der Plan muss realistisch und zeitlich absehbar sein.
Kündigungsfristen bei Eigenbedarf
Die gesetzlichen Kündigungsfristen richten sich nach der Dauer des Mietverhältnisses:
| Mietdauer des Mieters | Kündigungsfrist des Vermieters |
|---|---|
| Unter 5 Jahre | 3 Monate |
| 5 bis 8 Jahre | 6 Monate |
| Über 8 Jahre | 9 Monate |
Wichtig: Die Frist beginnt erst mit Zugang der Kündigung beim Mieter. Der Zugang sollte nachweisbar sein (z.B. per Einschreiben oder persönliche Übergabe mit Zeugen).
So muss eine Eigenbedarfskündigung formuliert sein
Eine wirksame Kündigung benötigt:
- ✅ Schriftform (Brief, keine E-Mail!)
- ✅ Vollständige Begründung des Eigenbedarfs
- ✅ Genaue Beschreibung der berechtigten Person
- ✅ Erklärung des konkreten Nutzungswunsches
- ✅ Einhaltung aller Fristen
- ✅ Hinweis auf das Widerspruchsrecht des Mieters (§ 574 BGB)
Musterformulierung für eine Eigenbedarfskündigung
📥 Vorlage als Word-Dokument herunterladen
Betreff: Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs
Sehr geehrte/r Frau/Herr [Name],
hiermit kündige ich das Mietverhältnis über die Wohnung in der
[Adresse], gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB wegen Eigenbedarfs.
Die Wohnung wird benötigt für meine Tochter [Name], die aufgrund
eines Studienbeginns am [Datum] nach [Stadt] zieht und eine eigene
Wohnung benötigt. Die aktuelle Wohnsituation erlaubt ihr dies nicht,
da [konkrete Begründung].
Die Kündigung erfolgt fristgerecht zum [Datum].
Gemäß § 574 BGB weise ich Sie auf Ihr Widerspruchsrecht hin.
Sie können der Kündigung widersprechen, wenn die Beendigung des
Mietverhältnisses für Sie eine unzumutbare Härte bedeuten würde.
Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift]
Häufige Fehler bei Eigenbedarf (und wie Sie sie vermeiden)
Fehler 1: Allgemeine Begründung ohne konkrete Angaben
Lösung: Immer konkreter Anlass + Person + Grund angeben.
Fehler 2: Kündigung per E-Mail
Lösung: Nur die Schriftform (unterschriebener Brief) ist rechtlich gültig.
Fehler 3: Widerspruchsrecht nicht erwähnt
Lösung: Der Hinweis auf § 574 BGB ist Pflicht und kann die Kündigung sonst unwirksam machen.
Fehler 4: Anschein von vorgeschobenem Eigenbedarf
Lösung: Dokumentation und klare, nachvollziehbare Erklärungen helfen.
Fehler 5: Sofortige Räumung verlangen
Lösung: Mieter hat Anspruch auf die gesetzlichen Fristen.
Sonderfälle, die Vermieter kennen sollten
Härtefallregelung (Widerspruch durch Mieter)
Der Mieter kann widersprechen, wenn der Auszug eine unzumutbare Härte darstellt:
- Hohes Alter
- Schwere Krankheit
- Schwangerschaft
- Fehlender Ersatzwohnraum trotz intensiver Suche
- Kinder in Prüfungsphasen
Gerichte prüfen diese Fälle sehr individuell und wägen die Interessen beider Parteien ab.
Vermieter hat mehrere Wohnungen frei
Es gilt das „Prinzip der vernünftigen Auswahl": Wenn eine andere Wohnung für den Eigenbedarf geeigneter oder gleichwertig wäre, kann die Kündigung unwirksam sein.
Nach Kündigung wird die Wohnung nicht selbst genutzt
Das ist problematisch: Mieter können dann Schadenersatz verlangen, wenn die Begründung nachweislich falsch war. Der Vermieter muss allerdings nur dann Schadenersatz leisten, wenn er bereits bei der Kündigung wusste, dass der Eigenbedarf nicht bestehen wird.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Eigenbedarfskündigung
Darf ich auch für Geschwister kündigen?
Ja, Geschwister gehören zum privilegierten Personenkreis bei Eigenbedarfskündigungen.
Muss ich beweisen, dass mein Angehöriger einzieht?
Nein, aber der Bedarf muss glaubwürdig und nachvollziehbar dargelegt werden.
Was passiert, wenn der Mieter nicht auszieht?
Dann bleibt nur die Räumungsklage. Vorher sollten Sie aber immer versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden.
Kann ich nach einem Eigentümerwechsel sofort kündigen?
Ja, aber erst nach der Eintragung ins Grundbuch und unter Einhaltung aller Fristen.
Was ist, wenn sich meine Pläne ändern?
Wenn sich die Umstände unverschuldet ändern (z.B. Jobverlust, Krankheit), ist das rechtlich unproblematisch. Sie sollten den Mieter aber informieren.
Fazit
Eine Eigenbedarfskündigung ist völlig legal – aber nur, wenn sie korrekt und sauber begründet wird. Mit klaren Informationen, einer freundlichen Formulierung und sorgfältiger Dokumentation können private Kleinvermieter ihre Rechte durchsetzen, ohne unnötige Konflikte zu erzeugen.
Die Schlüsselregeln für eine erfolgreiche Eigenbedarfskündigung:
- Berechtigte Person klar benennen
- Konkreten Bedarf nachvollziehbar begründen
- Alle Formvorschriften einhalten
- Fristen beachten
- Fair und transparent kommunizieren
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